Um das Ziel der Leitlinien und Ziele für die Potsdamer Mitte, nämlich
„vorbildlichen Städtebau“ und „die Heilung und Ergänzung des
Gesamtkunstwerks Potsdam“ zu erreichen müssen sich die Entwürfe
an den Leitlinien messen lassen. Die Präambel der Leitlinien schreibt
eine Beachtung der „Potsdam-typischen Gestaltungsmerkmale und
überlieferten Gestaltungsregelungen“ vor, die das „eigenständige
Wesen und die Atmosphäre dieser einstigen Residenzstadt geprägt
haben“.
Da durch die Vorgabe des historischen Stadtgrund- und aufrisses und
die damit verbundenen Kleinteiligkeit der Parzellierung wesentliche
Vorgaben zur Wiedergewinnung der Gesamtensemblewirkung
vorgegeben sind, haben wir uns auf die Fassadengestaltung der
Entwürfe beschränkt. Das gilt insbesondere für die Entwürfe in
zeitgenössischer Architektur außer den beiden Leitfassaden.
Bewertungskriterien waren dabei:
Auf dieser Grundlage haben wir die Entwürfe für die einzelnen Lose bewertet und in drei Kategorien eingeteilt:
Unsere Devise:
Gesucht ist die individuelle Lösung für einen individuellen Bauplatz unter Beachtung der Gesamtensemblewirkung.
Bewertungskriterien waren dabei:
-
Einhaltung der Ziele und Leitlinien des
Leitbautenkonzeptes
-
Einhaltung der Vorgaben und Empfehlungen aus den
Grundstückspässen
-
Einhaltung Potsdam-spezifischer Gestaltungskriterien
-
Vielfalt der geometrischen Formen
-
Beachtung Goldener/Silberner Schnitt
-
Fensterreihung- und –rhythmus
(Ungerade Reihung 3/5/7)
-
Plastizität, Detail und Ornamentik in
moderner Formsprache
-
Vielfalt der geometrischen Formen
Auf dieser Grundlage haben wir die Entwürfe für die einzelnen Lose bewertet und in drei Kategorien eingeteilt:
-
Empfehlung: Entwürfe, die der Überarbeitung bedürfen.
-
Ablehnung: Entwürfe, die die Vorgaben aus den
Leitbautenkonzept nicht erfüllen oder Potsdam-spezifische Gestaltungsmerkmale gänzlich vermissen lassen und die unserer Einschätzung nach durch Überarbeitung nicht zu heilen sind.
-
Offen: Entwürfe, die eventuell durch deutliche
Überarbeitung verändert werden könnten, aber bei denen wir
nicht wissen können, ob das überhaupt möglich ist.
Unsere Devise:
Gesucht ist die individuelle Lösung für einen individuellen Bauplatz unter Beachtung der Gesamtensemblewirkung.
Los 1: Achteckenhaus (Schwertfegerstraße 10) und Friedrich-Ebert-Straße 1/2.
Die Entwürfe 1A und 1B nähern sich bzgl. des Achteckenhauses beide dem historischen Gontards sehr, wobei sich der Entwurf 1A dem historischen Original am meisten annähert. Im Entwurf 1B sind leider die Rundbogenfenster in der Belle Etage entfallen. Hier wäre nach den die „Potsdam-typischen Gestaltungsmerkmale und überlieferten Gestaltungsregeln“ 1 eine Betonung des 1. Obergeschosses notwendig (Rundbögen, Verdachungen). Im Entwurf 1B fehlt leider der Bauschmuck völlig. Mehr Plastizität (L 1.3.10) bleibt hier auch zu wünschen. Unklar bleibt, warum die Entwürfe 1B und 1C 4 statt 3 Fenster an der Friedrich-Ebert-Straße aufweisen. Gerade der ungerade Fensterachsenrhythmus (3/5/7, Hier Achteckenhaus 3, Friedrich-Bert-Straße 1⁄2 9, Plögerscher Gasthof 7) ist wichtig für die Vielfalt in der Straßenzeile und Gesamtensemblewirkung.Der Entwurf 1C importiert eine eher süddeutsche Ästhetik, die in der Potsdamer Altstadt keinen Anschluss findet.
Bei 1A und 1B leben die Entwürfe für die Friedrich-Ebert-Straße 1/2 vom Kontrast zu ihren Nachbarn (Plögerscher Gasthof südwärts, Achtecken nordwärts). Eine weitere Detaillierung (Überarbeitung Gesimse, Fensterverdachungen, Bauschmuck) käme unmittelbar der Qualität des „Füllbaus“ an der FES zugute.
Der Entwurf für die Friedrich-Ebert-Straße des Bieters 1A ist reine Schlitz-Rasterfassade und auch durch Überarbeitung nicht leitlinienkonform zu überarbeiten. Er weist eine Potsdam-untypische gerade Zahl an Fensterachsen auf und wirkt viel zu Monoton. Das Erdgeschoß ist zwar überhöht, erscheint aber durch seine Teilungen für Gewerbe ungeeignet. Eine nach den Leitlinien in L.1.1. geforderte Kommunikation des Entwurfes mit der benachbarten Leitfassade ist nicht erkennbar.
Der Vorschlag des Bieters für die Friedrich-Ebert-Straße mit der Nummer 1B ist konsequent modern, gut proportioniert und erinnert etwas an Gehrys Bankgebäude am Pariser Platz. Bei diesem Entwurf wäre es dringend notwendig sich rechtzeitig und verbindlich über die Fassadenmaterialien zu verständigen. Diese müssten gediegen, aber nicht protzig sein. Zu überdenken ist der Schattenwurf am Übergang zu den Nachbargebäuden.
Bei 1C ist die Auflösung der Parzelle Friedrich-Ebert-Straße 1/2 in zwei Parzellen zwar im Prinzip löblich, in diesem Entwurf jedoch ungelenk und willkürlich gelöst. Wie ein solcher Entwurf mit den in den Leitlinien geforderten naturroten Dachziegeln gelöst werden soll (L1.3.8.) bleibt unklar-
Grundsätzlich ist Mitteschön mit der reaktionslosen Aufweitung der einstmals doppelsymmetrischen Kreuzung nach der Referenz der „Quattro canti“ in Palermo nicht glücklich. Es entsteht nun eine ovale Kreuzung, die mangels städtebaulicher Fassung nie ein Platz werden kann. Umso wichtiger wäre es deshalb, die vier Eckbauten durch ihre einheitliche Architektur zusammenzuhalten, sonst sucht der Besucher den Sinn der Gestaltung vergebens.
Empfehlung: 1B mit Überarbeitungswünschen, da hier die Friedrich-Ebert-Straße 1/2 besser gelöst ist.
Ablehnung: 1C und 1A (wegen des Vorschlags zur Friedrich-Ebert-Straße)
1 Leitlinien zur Vergabe des Blocks in der Fassung der Ausschreibung, Abschnitt L, 4. Absatz
Los 2 (Fuge, Schwertfegerstraße 11)
Die Idee der Verwendung von Sternpaneelen des ehem. Instituts für Lehrerbildung (IfL)/Fachhochschule bei einem Neubau lag auf der Hand. Auch die Parzelle bietet sich für eine solche Geste an, da das historische Grundstück durch die Verschiebung der heutigen Friedrich-Ebert-Straße nicht mehr zur Verfügung stand. Jedoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Verwendung an vielen Stellen den Ausschreibungsrichtlinien widerspricht.Der Entwurf 2A kommt im Erdgeschoß nicht zu Boden und schlägt eine 70er-Jahre-Lösung vor. In dieser Nordfassade an der Wendeschleife einer Tiefgaragenzufahrt den Eingang tief hineinzuziehen, erscheint unglücklich. Die Erdgeschosssituation ist in Entwurf 2B besser gelöst. Bei beiden Nutzungsarten ist die Schaufensterfront passender. Die Dachlösungen sind allerdings in beiden Entwürfen noch zu überdenken. Während 2A eine Brandwand des Achteckenhauses inszeniert (die es allerdings historisch gab), zieht 2B das Sternpaneel willkürlich in die Schräge des Daches. Der Übergang der Traufe erscheint unpassend und gewollt.
Der Reiz des Paneels jedoch besteht nur zum Teil in seinem lokalen, nostalgischen Bezug zum Gebäude der ehem. FH Potsdam. Die Ornamentik hat ihren Ursprung in der pyramidenartigen Bossierung der Renaissancebauten Oberitaliens (u.a. Palazzo die Diamanti, Bauzeit 1492-1567, Ferrara, Architekt: Rosetti, unterstes Bild) und lebt – auch in der modernen Tradierung als Sonnenschutz-Paneel vor Kaufhäusern oder Gewerbebauten – von der Schattenbildung (das war bei der Verwendung in der FH kaum zu sehen, da die Teile zurückversetzt eingebaut waren). Das kommt durch die Verwendung als Dach nicht zur Geltung – eine als Dach notwenige Hinterglasung macht die Idee zusätzlich unpraktisch.
Diese architektonische Qualität kommt nur zum Tragen, wenn die Paneele nur in einer Ebene eingebaut werden. Es wäre wünschenswert sich für beide Entwürfe alternative Dachlösungen, bevor entschieden wird.
Der ortsbeliebige Glasbau 2C wird ablehnt. Der Entwurf paraphrasiert den Gewerbebau von Grüntuch/Ernst am Berliner Hackeschen Markt und ist damit ein dezidiert großstädtischer Bau, der zudem in der untergeordneten Schwertfegerstraße außer einem bewussten Anderssein keine Qualität entfaltet. Eine Korrespondenz/Dialog mit den Leitfassaden (L 1.1.) ist nicht erkennbar.
Sollte sich die Jury für das Sternpaneel entscheiden ist eine Informationstafel zwingend notwendig, da sich dem Potsdam Besucher der Sinn sonst nicht erklärt.
Empfehlung: 2A oder 2B mit Überarbeitung Ablehnung: 2C
Los 2A, Bieter 21069
Empfehlung mit Überarbeitung |
Los 2B, Bieter 21070
Empfehlung mit Überarbeitung |
Los 2C, Bieter 21072
Ablehnung |
3. Los (Schwertfegerstraße 12)
Der Entwurf 3A schließt nahtlos an die Fassade Brauerstraße 1 an. Bis auf die völlig überflüssige große Hausnummer ist der Entwurf zurückgenommen-abstrakt und damit zwischen den markanten Eckbauten akzeptabel. Gerade in der Schwertfegerstraße, wo eine größere Varianz der Entwürfe zu erwarten war, sollte auf eine gewisse Ruhe in der Fassadenabwicklung geachtet werden, damit der Besuch der neuen Straße nicht zur ästhetischen Achterbahn wird. Allerdings fehlt dem Entwurf eine Zonierung und Hierarchisierung der Geschosse.Ähnlich ist 3B, hier täte ggf. ein Gurtgesims dem Haus gut. Die Fassade sollte nochmals mit Werbung über dem Erdgeschoss dargestellt werden.
3C fällt mit seinem Klinkeranteil bewusst aus der Reihe. Das Material ist in Potsdam eher in gründerzeitlichen Quartieren üblich. Am Alten Markt wirkt der Entwurf daher fremd. Auch die Verkleidung der Fassade mit Platten (Beton oder Naturstein?) wirkt eher berlinisch denn potsdamerisch.
In der Zonierung ist die Belle Etage nach oben gerutscht, hierdurch fällt der Bau in der Reihe auf. Das Erdgeschoss ist gut gelöst. Insgesamt gehört der Bau aber eher nach Babelsberg.
3D ist eine völlige Abstraktion in der Ästhetik der 1990er Jahre, wie sie Potsdam auch in dieser Seitenstraße nicht verdient hat. Selbst bei Ausführung in besten Materialen wird dieser Bau in jeder Hinsicht schlecht altern und – wie schön ähnliche Bauten z.B. in der Jägerstraße – ein ständiges Ärgernis bleiben. Im fehlt Hierarchisierung, Plastizität – eigentlich alles, was die Leitlinien zur Grundstücksvergabe vorschreiben.
3E hat eher den Charakter einer Hoffassade und ist ein für die Potsdamer Altstadt völlig untypischer skelettierter Bau. Die hierarchisierten Obergeschosse wirken seriell und beliebig fortführbar. Die Nord-Loggien erscheinen auch mit dem Grundriss zusammen sinnlos. Die eigentlich gute Erdgeschoßzone kann genannten die Mängel jedoch nicht wettmachen.
Empfehlung: 3B mit Überarbeitungen Ablehnung: 3D
Offen: 3A, 3C und 3E
Los 4 (Schwertfegerstraße 13)
Vorzugsvariante ist klar der klassizistische Entwurf 4A mit seiner klaren Gliederung. In der Überarbeitung sollte über etwas mehr Plastizität, vor allem des Traufgesimses, nachgedacht werden. Hier nochmals auf die Leitlinien L 1.3.10. verweisen. Über dem Eingang würde sich eine baukünstlerische Äußerung, z.B. als Relief oder Plastik, gut machen.Der Klinkerentwurf 4B gehört deutlich in eine gründerzeitliche Nachbarschaft und wirkt in der Schwertfegerstraße ortsfremd. In Putz wäre er allerdings ein gutes Haus, der auch in der Schwertfegerstraße zu realisieren wäre.
4C ist eine durch Verklinkerung verkappte Schlitz-Rasterfassade, die genauso wenig nach Potsdam passt wie der Entwurf 4E, über den das Urteil der Arbeit 3D zu wiederholen wäre. Modisch, zeitgeistig und mutmaßlich mit einer ästhetischen Halbwertzeit von weniger als 5 Jahren. Der Qualitätsanspruch der Leitlinie Z 1.2. ist nicht erkennbar. Der Entwurf ist darauf angelegt, das Gesamtkunstwerk zu zerstören, nicht es fortzuführen.
Die Arbeit 4D wirkt gewollt und unentschlossen in dem Versuch Elemente der durchaus Potsdam typischen Neogotik einzufügen. Dadurch fehlt dem Entwurf die Kraft sich in der Straße zu behaupten. Ggf. könnte hier eine Überarbeitung zu einem klareren Entwurf kommen.
Empfehlung: 4A und 4D mit Überarbeitungen Ablehnung: 4C und 4E
Offen: 4B